Fallbeispiele

Ein Fallbeispiel aus der Geschichte:

König David

Es gibt ein berühmtes Beispiel in der Menschheitsgeschichte, das gespielte Musik heilen kann. In der Bibel wird von dem Hirten David berichtet, der durch sein Harfenspiel bei seinem Vorgänger, dem König Saul, Schwermut und Trübsinn vertreiben konnte:
„(…) Sooft nun ein (böser) Geist Gottes Saul überfiel, nahm David die Zither und spielte darauf. Dann fühlte sich Saul erleichtert, es ging ihm wieder gut, und der böse Geist wich von ihm.“
aus: 1. Buch Samuel, Kapitel 16,Vers 23
Zwei Fallbeispiele, wo Musiktherapie erfolgreich eingesetzt wurde

Anna (11 Jahre)

Anna` s Eltern mussten oft umziehen, um sich beruflich zu etablieren. Jedes Mal, wenn sie Freunde gefunden hat, ging’ s wieder woanders hin. Die Mutter gesteht, dass auch die Beziehung zu ihrem Mann sehr unter dem Wechsel der Wohnorte gelitten habe. Die Mutter war oft allein mit den drei Kindern. Nun könnte Entspannung eintreten, die Familie hat Arbeit gefunden und es scheint sich alles etwas zu beruhigen. Es steht zwar der Wechsel von Anna auf die weiterführende Schule an – aber  bisher war Anna immer gut in der Schule.

Doch Anna spricht mit fast keinem mehr, nur noch mit ihren Geschwistern und da auch nur das Nötigste. Über eine Freundin hat die Mutter von einer Musiktherapeutin gehört, die mit mutistischen Kindern arbeitet. Das sind Kinder, die trotz der Fähigkeit zu sprechen, mit fast keinem oder gar keinem mehr reden.

Es ist die 8. Stunde der Musiktherapie mit Anna. Die Therapeutin hat Anna das Buch von den wilden Kerlen erzählt. Nun spielen sie es schon mehrmals mit Musikinstrumenten nach. Es gibt eine Stelle, an der Max – der Protagonist des Kinderbuchs – und die ungeheuerlichen wilden Kerle tanzen und ein lärmendes Fest feiern. Dann reicht es Max und er will das Ganze beenden. Er ruft “Stop!” und Anna spricht leise fast unhörbar mit. “Stop!?“ Sie hat nach Wochen zum ersten Mal in Anwesenheit einer fremden Person etwas gesagt. Sie lächelt mit einer Mischung aus Erschrecken und Erleichterung.

Anna war so in die Geschichte des Max vertieft, das sie “vergessen” hat, nicht zu sprechen. Anna lernt, ihre Erschöpfung zu spüren und zu zeigen, “Stop” zu sagen. Sehr vorsichtig, wagt sie sich wieder in die Welt der Sprechenden. Die Therapeutin unterstützt Mutter und Anna dabei.

Maria (49 Jahre)

Maria` s Mann hat sich vor 10 Jahren vor ihren Augen aus dem Fenster gestürzt. Seitdem frisst Maria alle Wut und Trauer in sich hinein. Wenn von Gefühlen gesprochen wird, bekommt sie normalerweise immer Brechanfälle. Seit einiger Zeit kommt sie in die Musiktherapie. Es scheint ihr gut zu tun. Aber sie spielt seit Wochen immer die gleiche Abfolge von Kinderliedern und macht hinterher Witze darüber.

Heute sitzt Maria zum ersten Mal am Klavier und tastet ganz vorsichtig nach Tönen. Die Therapeutin begleitet sie auf der Pauke. Es tritt Ruhe ein. Maria spielt eine freie Melodie. Es entsteht eine unglaublich traurige, persönliche und versöhnliche Musik. Maria  ist es nach langer Zeit zum ersten Mal wieder gelungen ein Gefühl zuzulassen.

Sie bestimmt die Musik und nicht ihr Körper sie. Ganz allmählich wird es ihr gelingen wieder Vertrauen zu fassen zu sich, zu ihrem Körper, zu Menschen – ohne Brechanfälle.